Die Urbanisierung der latinischen Malerlandschaft. Postkarten der italienischen Nachkriegsmoderne
von Ulrich Brinkmann, erschienen im DOM Publishers Verlag
Die Entwicklung der Moderne erzählt sich leicht anhand der Namen ihrer Hauptakteure und der kulturellen Zentren, von denen aus sie gewirkt haben. Die Geschichte der europäischen Alltagsmoderne der Fünfziger- bis Siebzigerjahre hingegen ist bis heute in weiten Teilen noch ungeschrieben. Ein Massenmedium wie die Ansichtskarte gewährt Auskunft über diese einerseits noch allgemein verbreitete, andererseits schon im Verschwinden begriffene Epoche eines umfassenden ökonomischen, gesellschaftlichen und kulturellen Aufbruchs: Mit einer Postkarte ließen sich Grüße zu Freunden und Verwandten schicken, verbunden mit einem gewissen Stolz auf die Teilhabe am Fortschritt, wie er sich im jeweiligen Motiv abbildete.
Beispielhaft und stellvertretend für die fotografische Spiegelung der Alltags- und Kleinstadtmoderne blickt dieses Buch auf einen Teil dieser seriellen Bildproduktion im hügeligen Herzen Italiens. Die Landschaft im Osten von Rom zwischen den Flüssen Aniene und Sacco ist seit der Epoche der Romantik hierzulande auch als Malerlandschaft bekannt. Fotopostkarten dieser noch vor wenigen Jahrzehnten traditionell geprägten Kulturlandschaft aber bildeten schon früh nach dem Zweiten Weltkrieg statt idyllischer Genreszenen eine ganz andere Wirklichkeit ab: jene zunehmende Verkabelung, Vernetzung und Beschleunigung des Lebens, die direkt in unsere digitalisierte Gegenwart und Zukunft führt.
Das Buch ist im DOM Publishers Verlag erschienen und wird an diesem Abend zusammen mit einer Auswahl der Materialsammlung von Ulrich Brinkmann erstmals in Deutschland vorgestellt.